Rattenforschung
Seit 20 Jahren forschen wir daran, wie wir mit frei lebenden Ratten kommunizieren und kooperieren können. Die Arbeit mit Ratten ist Teil von Terra Deva – der Abteilung für spirituelle Ökologie, die von Tameras Mitgründerin Sabine Lichtenfels geleitet wird. Wir erforschen darin die Kommunikation zwischen verschiedenen Spezies. Dazu gehört es, Orte der gegenseitigen Wahrnehmung und Kommunikation zu schaffen. Diese Idee haben wir durch den berühmten Rattentempel in Rajasthan. Es ist ein Modell dafür, wie wir mit allen Tieren, die uns umgeben, zusammenarbeiten können.
Vision
In einigen spirituellen Traditionen der ganzen Welt werden Ratten als heilige Tiere betrachtet. In Indien zum Beispiel sind die Tempel den Ratten als reinkarnierte Nachkommen einer Hindugöttin gewidmet. Die Einheimischen haben keine Angst vor ihnen – sie fühlen sich gesegnet, wenn die Ratten physischen Kontakt mit ihnen aufnehmen.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Ratten mitfühlende Wesen sind, die anderen Ratten nicht schaden wollen und fähig sind, untereinander Freundschaften zu schließen. Doch wird die Ratte seit Jahrhunderten in der westlichen Welt und in anderen Kulturen als Schädling betrachtet, der Krankheiten überträgt. Die Menschen haben versucht, mit Gift und Fallen Ratten fernzuhalten oder zu töten. Ratten werden auch häufig für grausame Laborexperimente verwendet, in der Regel für die Entwicklung von Arzneimitteln, Kosmetika und für die Erforschung des Sozialverhaltens. Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Menschen Ratten weitgehend nicht als Lebewesen wahrnehmen, sondern entweder als eine Ressource, die ausgebeutet werden darf, oder als eine Gefahr, die zu unserer eigenen Sicherheit beseitigt werden muss.
In den frühen Tagen des Projekts in Tamera lernten wir die Ratten sehr schnell kennen, denn sie werden von menschlichen Siedlungen angezogen. Im Wissen um die traumatische historische Beziehung zwischen Mensch und Ratte stellten wir uns die Frage: Wie könnte ein neuer Weg der Zusammenarbeit aussehen?
Unsere Forschung führte uns zu verschiedenen Fragen, wie zum Beispiel:
- Warum gelten Ratten an einigen Orten der Welt, wie zum Beispiel in Indien, auf den Philippinen und in Mexiko, als heilige Tiere?
- Warum sind Ratten so oft dort präsent, wo Menschen siedeln?
- Was können wir von diesem Tier lernen, das sowohl in dunklen Ecken als auch auf offenen Feldern lebt?
- Wie werden Menschen und Ratten zusammenleben wollen, wenn wir den Sinn, die Schönheit und den Geist der Ratten erkennen können und nicht mehr durch Ekel, Angst getrieben sind – oder der Gewohnheit, andere Wesen auszuschließen?
Forschung
In unseren Kooperationsexperimenten haben wir verschiedene Ansätze ausprobiert, wie zum Beispiel:
- Wir beobachten, wo und wie Ratten erscheinen, sowohl außerhalb als auch innerhalb der Tempel. Wenn Ratten zum Beispiel in einem Lebensraum unserer Gemeinschaft auftauchen, beobachten wir, ob es einen bestimmten Ort innerhalb des Raumes gibt, zu dem sie sich hingezogen fühlen, oder ob sie bestimmte Objekte beschädigen. Wir versuchen, die Synchronizität der Aktionen der Ratten mit den Themen, die wir in unserem sozialen Kontext bearbeiten, zu verstehen und entsprechend Änderungen vorzunehmen. “Kommunikation” bedeutet in diesem Fall, die Erkenntnisse, die wir durch die Beobachtung des Verhaltens der Ratten gewinnen, zu integrieren und zu verstehen, welche Veränderungen in unseren eigenen Verhaltensweisen und Gewohnheiten notwendig sind.
- Wir schreiben Briefe: Darin formulieren wir die spezifische Art des Kontakts und der Zusammenarbeit, um die wir bitten (z.B. sich nicht in Küchen niederzulassen), oder um die Unterstützung der Ratten für unsere Gebete und Aktionen zu erbitten. Oft hinterlassen die Ratten einen Abdruck auf einem Brief, den wir ihnen hinlegen, oder sie nehmen ihn mit und lassen ihn in besonderen Momenten wieder zurück. Ein Beispiel, das sich oft in verschiedenen Formen wiederholt hat, ist Folgendes: Als die Ratten zum ersten Mal in unser Nahrungsmittellager kamen, das Essen dort fraßen und den Ort verschmutzten, wurden unsere Kinder dazu inspiriert, Briefe im Lagerraum zu hinterlassen. Sie baten die Ratten darum, nicht mehr dorthin zu kommen. Nach kurzer Zeit tauchten die Ratten tatsächlich dort nicht mehr auf. Diese Art von Synchronizität zwischen unserer Art zu kommunizieren und dem Verhalten der Ratten ist eine Grundlage unserer Forschung. Es mag nach einem spirituellem Science-Fiction klingen, und auch wir mussten uns erst daran gewöhnen, aber es funktioniert tatsächlich. Um es klar zu sagen: Wir wollen damit nicht sagen, dass die Ratten lesen können – das Schreiben von Briefen ist eine von vielen Möglichkeiten, unser Bewusstsein auf die Informationen zu konzentrieren, die wir geben wollen, und dann offen für die Botschaften zu bleiben, die wir erhalten.
- Wir bemerken immer wieder Veränderungen an Figuren oder natürlichen Gegenständen wie Blätter und Samen auf dem Altar. Oft bringen die Ratten selbst solche Gegenstände zu uns – wir stellen dann fest, ob diese etwa wiederholt zu den Tempeln gebracht werden, und versuchen, ein Muster zu verstehen: Warum bringen die Ratten diese Gegenstände? Dann lauschen wir nach Verbindungen und Bedeutungen in Bezug auf Ereignisse in unserem Leben oder in der Welt. Zum Beispiel stellten wir fest, dass die Ratten immer wieder zerbrochene Samen mitbrachten, was einem inneren Prozess eines Durchbruchs für eines unserer Forschungsteams entsprach.
- Meditation und das Empfangen von Botschaften: Unser Forschungsteam meditiert jeden Montagmorgen am Ring der Kraft in einem unserer Rattentempel. In diesen Sitzungen nehmen wir uns Zeit in Stille, um innerlich die Frage der Woche zu stellen und abzuwarten, ob wir Antworten wahrnehmen. Im Anschluss daran teilen wir unsere Einsichten und Botschaften in der Gemeinschaft mit. Oft finden wir auf diese Weise kraftvolle und unerwartete Botschaften, die immer wieder im Zusammenhang miteinander stehen. Die Ratte ist weltweit präsent, und wir stellen fest, dass viele der Antworten, die wir erhalten, uns dazu inspirieren, eine breitere und umfassendere Perspektive einzunehmen.
Video
Elinor Ben-Zikri, ein Mitglied des Rattenforschungsteams, interviewt Sabine Lichtenfels, Mitbegründerin des Friedensforschungs- und Bildungszentrums Tamera, und Barbara Kovats, seit vielen Jahren im Leitungsteam der Gemeinschaft, über ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Ratten. Was bedeutet es, mit diesen Wesen zu kooperieren, und wie sieht diese Forschung in der Praxis aus?
Wir beobachten immer dankbar, wenn Ratten für ihre Intelligenz und ihre Freude in der Kooperation mit Menschen anerkannt werden. Dieses schöne Projekt in Kambodscha kooperiert mit Ratten, um Landminen aufzuspüren und dadurch Leben zu retten:
Wichtige Erkenntnisse
Das haben wir bei unseren Recherchen festgestellt:
- Rattenpopulationen passen sich ihrem Lebensraum an und finden ein natürliches Gleichgewicht, wenn sie sichere Plätze für die Aufzucht ihrer Jungen haben und nicht mehr bekämpft und verachtet werden.
- Ratten sind Meister der Transformation – sie kommen oft dorthin, wo dies nötig ist, insbesondere an Orte, die verlassen sind oder nicht optimal genutzt werden.
- Ratten beschädigen oft Produkte oder Werkzeuge, die in Mittäterschaft mit Ausbeutungssystemen stehen. Wenn man bedenkt, wie viel Leid (besonders gegenüber Ratten) hinter industrieller Kosmetik steckt, haben wir vor etwa 20 Jahren in Tamera beschlossen, dieser Form von Mittäterschaft Beachtung zu schenken und mehr Verantwortung für die Auswirkungen unserer Entscheidungen auf die Erde zu übernehmen. Als wir begannen, auf Produkte umzusteigen, die frei von dieser Art der Komplizenschaft sind, begann der Schaden, den die Ratten anrichteten (z.B. durch das Fressen der Plastikbehälter oder der Kosmetika selbst), abzunehmen.
- Auf spiritueller Ebene haben wir das Gefühl, dass Ratten Heilungsthemen repräsentieren, die wir oft vermeiden oder unterdrücken wollen. Sie erscheinen als eine Helferkraft für Einzelne oder Gruppen – und oft ermutigen sie uns zur Vertiefung der Schattenarbeit. Unserer Erfahrung nach hörten die Ratten auf, Schaden anzurichten, sobald wir begannen, in der entsprechenden Tiefe zu arbeiten, sowohl auf der inneren als auch auf der äußeren Ebene, und begannen eine ausgewogene Koexistenz mit uns.
Foto-Galerie
Mehr wissen
Wenn Sie daran interessiert sind, sich mehr mit unserer Arbeit zu beschäftigen, oder Fragen haben, schreiben Sie uns: ratresearch (at) tamera.org. Wir laden Sie ein zur Mitarbeit im Dienst der Heilung unserer Beziehung zu den Ratten und im Dienst eines Lebens, in dem die Kooperation mit Wildtieren wieder möglich ist.