Die Aufgabe des Künstlers
Kunst kommt nicht von Können. Kunst kommt aus der Begegnung mit dem wahren und vorurteilsfreien Sehen. In diesem Sinn ist der Künstler ein echter Zen-Meister.
Es ist gut, wenn du dein Handwerk verstehst, aber das ist noch nicht Kunst. Dein Handwerk sei eine Ausrüstung der Kraft, um den Weg der Kunst betreten zu können.
Kunst kommt aus der tiefen Verbundenheit mit der Welt der Schöpfung. Sie kommt aus der inneren Bereitschaft, Altes immer wieder neu loszulassen und sich frei zu machen für etwas Neues.
Wirkliche Kunst ist immer eine Neugeburt. Du nimmst teil an dem Aspekt des Welten-Ichs, in dem die Welt immer aus Neuschöpfung besteht.
Kunst kommt nicht von Können im herkömmlichen Sinn, aber sie kommt aus der inneren Bereitschaft der Lernenden, ihr inneres sehendes Auge so geöffnet zu halten, dass sie täglich das Neue sehen und wahrnehmen können. Das ist das große und wahre Können eines Künstlers, das jenseits von Mode liegt und von Geschmack.
Kunst ist immer eine Neugeburt. Halte dich bereit. Der Rest geschieht von selbst.
Kümmere dich nicht um deine Kunstfertigkeit. Sie kommt von selbst, sobald du loslässt und es verstehst, mit dem zu gehen und zu sein, was du wahrnimmst.
Tue das, was du tust, ganz. Tue es bewusst und klar, und du wirst dich aus dem Nebel des Naturalismus erheben und bemerken, dass die Welt niemals das ist, was du glaubtest, dass sie sei.
Vernichte mit Humor deine vielen alten Vorstellungen und Bilder davon, was die Welt zu sein habe, bis das kindliche Staunen und die kindliche Freude am Tun selbst dich wieder zu dir holen.
Kunst ist die Feier der Schöpfung. Kunst ist Andacht und Heiligung.
Kunst ist die tiefste Verbundenheit mit dem reinen Sein, ohne weitere Absicht und ohne Ziel.
Dort, wo du wahrhaft zum Künstler wirst, wirst du emporgehoben auf eine Ebene des Erkennens, die dich die Zusammenhänge eines wirklichen Friedens viel tiefer schauen und verstehen lassen.
In diesem Sinn ist die Kunst immer auch Arbeit an sich selbst. Am Ende steht der wirkliche Lebenskünstler.
Am Ende steht die Person, die mit heiterer Gelassenheit die vielen Aspekte des Seins als ein Schaffender zu sich geholt hat. Eine tiefe Versöhnung mit sich selbst und der Welt findet statt, aus der wirkliche Veränderung hervorgehen kann.
Ein Künstler ist kein Opfer mehr, weder von sich selbst noch von der Welt.
Aus dieser Verbundenheit wirst du die wirkliche Lebensfreude zu dir holen in die einfachsten Aspekte deines Alltags. Diese Lebensfreude ist tiefer und stiller geworden als der erste Jubel, der am Anfang war.
Du hast die Welt tiefer gesehen, auch in ihren Aspekten des Schmerzes, des Leidens und der Ungelöstheit. Du bist auch hier nicht mehr zum identifizierten Opfer geworden.
Du hast die Feier erkannt, die du erfährst, wenn du durch das Auge der Kunst die Aspekte der Welt zu dir holst. Das ist das „verzückte Ja-Sagen“, das Friedrich Nietzsche kannte.
Aus dem neuen Schaffensgeist der Kunst werden die neuen Ikonen hervorgehen, die eine tiefere Friedenswirkung haben als jeder Appell und jede politische Rede, die aus der Sicht des Alltags entstanden sind.
Auszug aus dem Buch: „Quellen der Liebe und des Friedens“ von Sabine Lichtenfels